Pflanzenöl als Kraftstoff für Dieselmotoren

Experimente, Probleme und Lösungen

Wer die Preisentwicklung auf dem Rohölmarkt aufmerksam verfolgt (Rohölpreise) kann eigentlich nur zu dem Schluß kommen, daß die Kraftstoffpreise langfristig kein Niveau von 0,5 Euro mehr erreichen werden. In Deutschland bestimmt natürlich in erster Line die Steuerlast den Preis. Egal wie, die Preise werden steigen.

Egal, wie man zur Ökosteuer und zur Mineralölsteuer steht (sie werden beide nur zum allergeringsten Teil, wenn überhaupt, für den Umweltschutz eingesetzt), muß man doch verzeichnen, daß einzelne Autofahrer die erhöhten Treibstoffpreise zum Anlaß nehmen, auf umweltschonende Treibstoffe auszuweichen. Wir haben damit Ende 1999 begonnen und dies bisher mit gutem Erfolg.

Was sind nun umweltschonende Treibstoffe?

Ich definiere umweltschonende Treibstoffe folgendermaßen: Es sind Treibstoffe, die auf regenerative Weise gewonnen werden können, d.h. innerhalb eines Jahres nach dem Verbrauch direkt oder indirekt aus Sonnenenergie gewonnen werden können. Nicht zu den umweltschonenden Treibstoffen zählen somit:
Pflanzenöl

Ein besonders umweltschonender Treibstoff für Kraftfahrzeuge aller Art ist Pflanzenöl. Es kann in vielen handelsüblichen Dieselmotoren verbrannt werden, sofern es auf 70-80 Grad Celsius vorgewärmt wird. Außerdem gefährdet Pflanzenöl die Umwelt nicht, wenn es ausläuft und hat einen recht hohen Flammpunkt (um 250-300 Grad Celsisus). Es darf daher auch ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen gelagert werden. Vorteilhaft ist auch die dezentrale Herstellung - jeder große landwirtschaftliche Betrieb, jede Erzeugergenossenschaft kann sich eine kleinere Ölpresse und Filteranlage verschaffen und so sich selbst und die nähere Umgebung mit Pflanzenöl versorgen. Eine höhere Besteuerung wäre somit ähnlich schwierig durchzusetzen wie die Erhebung von Steuern auf das Destillieren von Spirituosen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich der günstige Preis im Vergleich zu den extrem hoch besteuerten Mineralölen.

Vorteile des Pflanzenöls
Beschaffung des Pflanzenöls

Raiffeisen Kiel bot Ende 2000 Gebinde mit 1000 oder 200 l zum Preis von ca. 0,43 Euro/l an. Die Besteuerung ist mit 7% (ist halt ein Lebensmittel) recht moderat. Das 1000 Liter Behältnis steht auf einer Europalette und wurde gegen einen Kaufpreis/Pfand von 75 Euro abgegeben, das 200-Liter-Faß hätte man selbst mitbringen oder kaufen müssen. Raiffeisen will sich anscheinend aber nicht mehr mit Kleinkunden abgeben und hat den Vertrieb eingestellt, bzw. andere Firmen damit beauftragt. Schade!

Die Sepdition Jens Bülck, Harrier Weg 9, 24582 Groß Buchwald Telefon 04322-9179, Fax 04322 9027 soll laut Frank Wohlberg von 3E gut gefiltertes kaltgepresstes Pflanzenöl verkaufen. Dies ist durchaus glaubwürdig, schließlich fährt Bülck damit zahlreiche große direkteinspritzende LKW-Motoren, die teuer und empfindlich sind.

Einige Händler liefern Pflanzenöl auch frei Haus: Frank Abel von der Firma Biotrans (Telefon 04555-714717) liefert Pflanzenöl auch nach Rendsburg. Inzwischen ist der Preis anscheinend auf 0,59 Euro/l angestiegen - nicht schön, aber immer noch akzeptabel. Hoffentlich fällt der Preis bald wieder - da Rapsöl wie Erdöl an Börsen gehandelt wird, ist dies durchaus möglich!

An Tankstellen wird ja inzwischen Biodiesel (PME) zu Preisen von 0,05-0,10 Euro unter dem Preis von Dieselkraftstoff angeboten. Dieser Kraftstoff ist Pflanzenöl, das mit Methanol und einer starken Lauge als "Katalysator" zu Pflanzenölmethylester (PME) und Glyzerin verarbeitet wurde. PME ist weniger viskos als das unveresterte Pflanzenöl, jedoch wesentlich agressiver. Ablagerungen im Treibstoffsystem lösen sich und führen zu Störungen, Gummidichtungen quellen auf und gehen kaputt.

Da PME nicht der Mineralölsteuer unterliegt und die Umesterung ein einfacher Prozeß ist, fragt man sich natürlich, warum es so teuer ist. Die Antwort liegt auf der Hand - es soll damit soviel als möglich verdient werden. Darum wird der Preis immer nur knapp unter dem des Dieselkraftstoffs liegen.

Pflanzenöl

Reines Pflanzenöl ist jedoch keineswegs agressiver als Dieselkraftstoff, lediglich viskoser, d.h. dickflüssiger. Um es dünnflüssig zu machen, muss es, wie oben angedeutet, erwärmt werden. Wärme steht bei Verbrennungsmotoren nach dem Warmlaufen ausreichend zur Verfügung, man kann sie aus dem Kühlwasser oder aus dem Motoröl mittels eines Wärmetauschers entnehmen. Modifikationen an den Motorölleitungen sollte man nur erfahrenen Bastlern überlassen, da u.U. an entscheidenden Stellen der Öldruck sinkt. Außerdem ist bei einem größeren oder unentdeckten Leck der Motor sofort kaputt. Bei den Kühlwasserleitungen ist das Basteln nicht ganz so riskant, obwohl ein VW-Diesel bei Vollgas ohne Kühlwasser auch nach wenigen Sekunden kaputt ist.

Der einfachste Fall eines Wärmetauschers wären zwei ineinander gelötete Rohre unterschiedlichen Durchmessers mit einer Einlage aus grobem Geflecht zur besseren Verwirbelung der Flüssigkeiten, die im Gegenstrom durchflossen werden, z.B. Kühlwasser von rechts nach links und im anderen Rohr Pflanzenöl von links nach rechts. Es gibt aber wesentlich wirksamere Konstruktionen, wie z.B. Plattenwärmetauscher, die auf kleinstem Raum große Tauscherflächen bieten.

Bei mir liegt inzwischen ein WP1-20 von APTE auf dem Tisch, der in Kürze eingebaut werden soll.

Inzwischen ist der APTE-Wärmetauscher eingebaut:

Seine Leistung reicht aus, um auch bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt den Kraftstofffilter über 55 Grad Celsius zu erwärmen.

Der Wärmetauscher sollte so kurz wie möglich vor der Einspritzpumpe (allerdings vor dem Haupt-Kraftstofffilter!) angebracht werden. Die Wärmeverluste auf den Leitungen werden oft unterschätzt. Bei meinem Einbau sind die Leitungen recht lang, da ich es beim Aus- und Einbau des Akkumulators (=Ausbau des Wärmetauschers) bequem haben wollte. Sie sind aber gut isoliert, und da ich sowieso das Ein-Tank-Prinzip bevorzuge, ist dies auch kein Problem. Ich hatte erst einen Einbauort in der rechten Seitentasche des Motorraumes vorgesehen, aber war dann zu bequem, dort zu bohren. Ein Umbau wäre aber kein Problem. Da bei meinem Bus der TÜV zur HU/AU auch bisher noch nicht den Motorraum geöffnet hat, sehe ich auch dabei keine Probleme. Die Einspritzpumpe wird vorher nachjustiert, damit die AU auf jeden Fall kein überflüssiges Quälen des Motors verursacht.

Was ist aber nun bei kaltem Motor?

Er springt mit Pflanzenöl nur sehr widerwillig an, bei großer Kälte gar nicht. Außerdem stinkt das Abgas in den ersten Minuten fürchterlich nach halbverbrannten Fett. Ab ca. -10 Grad Celsius fließt Pflanzenöl nicht mehr sondern versteift sich zu einer weißen Masse.

Es gibt zwei Lösungen, die sich auch kombinieren lassen. Man hinter den Kühlwasserwärmetauscher einen weiteren elektischen Kraftstoffheizer schalten. Dieser sollte sich dann beim Erreichen von 75 Grad Celsius thermostatgesteuert abschalten. Einer der kommerziellen Anbieter baut ein solches Gerät aus einem kleinen Gehäuse mit einer Glühkerze und einem Thermostaten (Heizleistung ca. 200W). Außerdem sollte man bei dieser Lösung je nach Fahrzeugtyp eventuell andere Einspritzdüsen montieren. Für meinen Fahrzeugtyp (VW-Bus, Motor JX) empfahl Henzo im Jahre 2002 12-Grad-Düsen, die, im Gegensatz zu den serienmäßig verbauten Düsen zwangsweise auch mit kaltem Pflanzenöl einen Kegel spritzen. Inzwischen sind diese Düsen aber nicht mehr Stand der Technik und sollten nicht eingesetzt werden. Ein besserer Ersatz sind Vorstrahldüsen. Henzo empfahl auch längere Bosch Duratherm Chromium Glühststiftkerzen, die dann in den Spritzkegel ragen. Ich habe da ja noch meine Zweifel wegen der Haltbarkeit und außerdem steht bei mir noch kein Austausch der Kerzen an.

Nachtrag März 2002: Inzwischen ist es soweit - ich habe 2mm längere Bosch-Duratherm-Glühkerzen eingebaut, die leider auch außen erheblich länger sind. Dazu mußte die Einspritzpumpe zum Einbauen ein wenig verdreht werden - wenn man die Position zuvor markiert, ist es kein großes Problem. Ich habe nicht die 12-Grad-Düsen verbaut, da dann der Motor laut Henzo weniger Kraft im oberen Drehzahlbereich haben könnte. Stattdessen habe ich Vorstrahldüsen eingebaut. Neue Düsen sind auf jeden Fall nötig, wenn man längere Glühkerzen einbaut, da diese sonst vom scharfen Einspritzstrahl verschlissener Düsen zerstört werden können. Dies passiert manchmal sogar mit den serienmäßigen Glühkerzen. Seit dem Umbau springt der Motor mit Pöl excellent an - Henzo Empfehlungen und das von Ihm gelieferte Material sind ein voller Erfolg.

Nachtrag Juli 2003: Immer noch keine Probleme mit den Glühkerzen - danke, Henzo!

Die zweite Lösung ist ein Dreiwegehahn, ein entsprechendes Magnetventil oder auch zwei Magnetventile und ein T-Stück. So kann man dann mit Dieselkraftstoff aus einem kleinen Zusatztank (mit einem zweiten Kraftstofffilter) starten und dann nach dem Start auf Pflanzenöl umschalten. Zurückgeschaltet wird dann kurz vor Ende der Fahrt.

Ein eventuell passendes Magnetventil von Sirai heißt L340 V02G Z110A G3/8"x12,0 mm. Dies Ventil ist für 12V= geeignet.

Noch eine Bemerkung zu den Einspritzpumpen: Mit älteren (verschlisseneren) 4-Zylinder-Verteilereinspritzpumpen von Bosch gibt es wenig Probleme (aber auch schon kaputte Pumpen), hingegen gibt einige Berichte von zerstörten LUCAS-CAV Einspritzpumpen. Beware of Lucas, the demon of darkness (Jaguar-Fahrer wissen, was ich meine). Die Firma Lucas ist inzwischen von Delphi gekauft worden. Das ändert nichts daran, daß ich von den Einspritzpumpen dieses Herstellers nichts halte.

Es gibt übrigens auch Leute, die glauben, daß man mit Pflanzenölen den Bedarf an füssigen Treibstoffen nicht decken könnte. Solche Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage, wie Ernst Schrimpff in seinem Artikel Einschätzungen über Potenziale der Pflanzenöl-Erzeugung nachweist.

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